Der Kommunist, den fast alle liebten

Aktuell ist in den Kinos der Film «Berlinguer. La grande ambizione» zu sehen, der die politisch und privat bewegten Jahre des Kommunistenführers Enrico Berlinguer von 1973 bis 1978 in den Fokus nimmt. Der Film bietet einerseits eine anschauliche, lebendige und menschlich anrührende Geschichtslektion, und verweist andrerseits auch weit über die eigene Zeit hinaus auf grundsätzliche gesellschaftliche Fragen, die uns bis heute beschäftigen.

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Enrico Berlinguer bestach durch sein Charisma. (Bild: cineworx )

Vor vier Jahrzehnten erleidet er mitten in einer Wahlkampfrede eine Hirnblutung, fällt ins Koma und stirbt vier Tage später, knapp 62-jährig: Enrico Berlinguer, Generalsekretär der kommunistischen Partei Italiens von 1972 bis 1984. Mehr als 1,5 Millionen Menschen versammeln sich zu seinem Begräbnis in Rom. Der «stumme Sarde» ist das absolute Gegenbild zu heutigen populistischen Politikern, ein scheuer Volksheld – und der Erfinder des sogenannten Euro-Kommunismus, der sich mutig vom Einfluss Moskaus lossagt und einen eigenständigen Weg zu einem Sozialismus propagiert, in dem soziale Gerechtigkeit und Pluralismus, kollektive und individuelle Freiheiten, der Kampf für Frauenrechte, Frieden, Ökologie und ein fairer Umgang mit dem globalen Süden verwirklicht werden sollen. Der feingliedrige Hoffnungsträger wird für Italien und Europa zu einem der wichtigsten und inspirierendsten politischen Führer des 20. Jahrhunderts.

Jetzt ist in den Kinos der Film «Berlinguer. La grande ambizione» zu sehen, der die politisch und privat bewegten Jahre des Kommunistenführers von 1973 bis 1978 in den Fokus nimmt. In Italien gehört der Film zu den meistgesehenen des Jahres und lockte bisher über 550 000 Menschen in die Kinosäle. In der Schweiz läuft der sehenswerte Film – mit spannenden Bezügen zur Gegenwart und weit über Italien hinaus – seltsamerweise fast völlig unter dem medialen Radar. Ein Kontextmangel? Ein Medien- und Marketingversagen? Oder ein überwunden geglaubter antikommunistischer Reflex wie in Zeiten des Kalten Kriegs? Versuch einer Einordnung.

Hat man je einen bescheideneren, ernsthafteren, integreren Politiker gesehen? Der gleichzeitig so charismatisch erfüllt ist von der Mission des Gemeinwohls? Immer getrieben von der Sache und nicht vom eigenen Ego? Ein Politiker, für den sein Land mehr zählt als seine Partei? Enrico Berlinguer, der scheue Sarde aus aristokratischem Haus, ist so etwas wie ein unfreiwilliger Volksheld. Und Regisseur Andrea Segre erzählt mit seinem Film auch mehr als eine schlichte Heldensaga. Da wird nicht versucht, ein ganzes Leben aufzurollen und umfassend zu erklären, warum ein Mensch das wurde, was er ist. Segres Anspruch ist bescheidener und zugleich radikaler, politischer. Er konzentriert sich ganz auf die schwierigen Jahre von 1973 bis 1978, also vom Pinochet-Putsch in Chile gegen den Sozialisten Allende bis zur Entführung und Ermordung Aldo Moros, des Parteiführers der italienischen Christdemokraten.

Dieser Fokus ergibt Sinn, denn er erklärt, warum Berlinguer in diesen von faschistischem und linkem Terror geprägten «bleiernen Jahren» Italiens nicht eine rein linke Mehrheit anstrebte (die rechnerisch knapp möglich gewesen wäre), sondern den «historischen Kompromiss» mit den Christdemokraten suchte. Der Kommunistenführer fürchtet nach dem Chile-Putsch die Spaltung des Landes und die Intervention der reaktionären und imperialistischen Kräfte, die zu einem Blutbad hätte führen können. Gleichzeitig waren nach der strategisch gezielten Ermordung Aldo Moros durch die linksterroristischen «Roten Brigaden», die ein Zusammengehen mit dem «Klassenfeind» verhindern wollten, alle Hoffnungen auf den «compromesso storico» definitiv zerstört.

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Elio Germano verwandelt sich von Kopf bis Fuss in die Figur Enrico Berlinguer. (Bild: cineworx )

Weltpolitische Hintergründe und Parallelen

Der Film «Berlinguer. La grande ambizione» bietet einerseits eine sehr anschauliche, lebendige und menschlich anrührende Geschichtslektion, und er verweist andrerseits auch weit über die eigene Zeit hinaus auf grundsätzliche Fragen, die uns bis heute beschäftigen.

Wie verhindert man – oder befördert bewusst, wenn man das will – eine verheerende Spaltung in einem Land? Wie schafft man echte, tiefe Bindungen zwischen der Bevölkerung und den politischen Parteien, ohne dabei populistisch zu werden? Wie verteidigt man gegen den Druck von imperialistischen Grossmächten die eigene nationale Souveränität?

US-amerikanische Erpressungen und Interventionen in die Autonomie eines anderen Staates sind ja keine trumpistische Erfindung. Bereits als die KPI 1945 kurzzeitig in der ersten italienischen Nachkriegsregierung vertreten ist, machen die USA klar, dass sie keine Regierung mit kommunistischer Beteiligung auf der westlichen Seite des Eisernen Vorhangs dulden und jegliche Wirtschaftshilfe sofort einstellen, wenn diesem Willen nicht entsprochen werde.

1975 erreicht die KPI mit 12,5 Millionen Stimmen und einem Wähleranteil von 34,4 Prozent ihr bisher bestes Ergebnis. Mit einer Mitgliederzahl von 1,7 Millionen ist sie klar die stärkste kommunistische Partei des Westens. Die Direktive von US-Präsident Ford und Aussenminister Kissinger an den Ministerpräsidenten Aldo Moro kommt postwendend und sec: «Niemals Kommunisten in die Regierung eines NATO-Landes!»

Der Film zeigt die routinierten Abhöraktionen des CIA bei den geheimen Verhandlungen zwischen Moro und Berlinguer zum Erreichen des «compromesso storico». Gleichzeitig wird eine weitere Parallele zur aktuellen Strategie der Konservativen im politischen Kulturkampf deutlich: Wie heute in den USA mit der Abtreibungsfrage führen die Christdemokraten im Italien der Siebzigerjahre mit Hilfe religiöser Kreise einen aggressiven Referendumskampf gegen das erst vier Jahre zuvor eingeführte Scheidungsrecht – und verlieren deutlich. Das beflügelt die Vision Berlinguers, dass fortschrittliche Mehrheiten in Italien möglich sind.

Was wäre gewesen, wenn …?

Man überlegt sich während dieses Films ständig, wie die Geschichte Italiens auch hätte anders verlaufen können, wenn der «compromesso storico» geglückt wäre. Ob so mehr Stabilität in dieses politisch so unruhige und unberechenbare Land mit seinen 68 Regierungswechseln in den 80 Jahren der Nachkriegszeit gekommen wäre? Ob uns die Komiker und Kriminellen, die Schwindler, Clowns, Marktschreier, Betrüger, Populisten und Postfaschisten der letzten Jahrzehnte in Italien erspart geblieben wären.

Denn es ist schon eine sehr seltsame Ahnengalerie, die sich nach Berlinguers Tod in Italien an der Macht zeigt. Bettino Craxi ebnet als Sozialistenchef und korrupter Ministerpräsident dem Medienmogul Berlusconi den Weg, flüchtet selber vor der Justiz ins tunesische Exil und wird in seiner Heimat zu einer 28-jährigen Haftstrafe verurteilt. Die Anti-Korruptions-Bewegung «Mani pulite» (saubere Hände) der Staatsanwaltschaften pflügt anschliessend die gesamte Parteienlandschaft um und lässt vor allem die grosse, ehemals staatstragende Partei der konservativen Christdemokraten sowie die sozialistische Partei völlig kollabieren. Nach drei Regierungen unter Berlusconi schiesst die Bewegung «Cinque Stelle» des Komikers Beppe Grillo wie ein Komet in die Höhe. Der aktuelle Rest des politischen Personals mit dem Lega-Chef Matteo Salvini und der Postfaschistin Giorgia Meloni dürfte zur Genüge bekannt sein. Hätte ein Gelingen von Berlinguers «compromesso storico» das alles – oder zumindest einen Teil davon – verhindern können?

Diese Post-Berlinguer-Zeit spielt im Film von Andrea Segre keine Rolle. Aber in ihr liegt wohl einer der wesentlichen Gründe, warum die integre und selbstlose Figur des klugen Sarden, der Politik als Spektakel so sehr verabscheute, auch vierzig Jahre nach ihrem Tod noch so fasziniert und ein solches Sehnsuchtspotenzial entfalten kann.

Mehr Solidarität, Gleichheit und Freiheit

Was den Film auszeichnet, ist seine sehr nahbare menschliche Wärme, die aber nicht in Kitsch oder Pathos abgleitet. Inhalt geht vor. Eine Politik mit mehr Solidarität statt permanentem Konkurrenzdenken, mehr Gleichheit und Freiheit, mehr Wohlstand für alle wäre möglich. Wir erleben Berlinguer bei Debatten mit seinen Parteigenossen und politischen Gegnern, bei öffentlichen Auftritten und Reden, im Kreis seiner vielköpfigen Familie als humorvollen und warmherzigen Vater. Überall erweist er sich, was historisch verbürgt ist, als begnadeter Zuhörer.

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Enrico Berlinquer war auch ein Familienmensch. (Bild: cineworx )

Regisseur Andrea Segre kommt vom Dokumentarfilm her. Er mischt die Spielszenen mit zahlreichen zeitgenössischen Archivaufnahmen. Das schafft neben der Authentizität auch ein erstaunlich geschlossenes Kontinuum, Spiel und Dokumentation gehen fast nahtlos ineinander über. Gleichzeitig sind die inszenierten Teile, um die Unterschiede zum Archivmaterial ästhetisch zu minimieren, oft in die gleichen Brauntöne getaucht, was manchmal etwas bieder wirkt.

Schlicht überragend ist die Performance von Hauptdarsteller Elio Germano. Er verwandelt sich von Kopf bis Fuss in die Figur Berlinguers. Es sind nicht so sehr die äusserlichen Anpassungen, wie man sie mit Schminke und Maske erreichen kann, es ist vielmehr das perfekte Eintauchen in Berlinguers Körpersprache und Mimik. Dieser leicht nach vorne gebeugte Gang, die eingezogenen Schultern, dieser freundlich warme, etwas melancholische Blick. Das hat alles einen unglaublich bezwingenden Charme. Am Filmfestival von Rom, wo «Berlinguer. La grande ambizione» im letzten Oktober seine Weltpremiere erlebte, wurde Elio Germano als bester Darsteller ausgezeichnet.

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Berlinguer forderte Solidarität, Gleichheit und Freiheit. (Bild: cineworx )

Vereinzelte Schwächen des Films soll man nicht verschweigen. Phasenweise fokussiert er etwas zu stark auf politische Reden. Es hätte sich angeboten, solche Inhalte eher in dialogische Spielszenen aufzulösen, so wie manche reale politische Konflikte im Kreis der Familie ausgefochten werden. Auch darf man sich wundern, dass Berlinguers Frau Laetitia Laurenti, eine gläubige Katholikin und erklärte «Nichtkommunistin», weitgehend eine Statistin bleibt. Diese Rolle hätte man gehaltvoll und spannend aufwerten können.

Wer hat hier was verschlafen?

Auf den ersten Blick erscheint es allerdings sehr rätselhaft, dass ein solch vielseitig bewegender Film über eine Schlüsselfigur des italienischen und europäischen politischen Lebens, der in unserem Nachbarland die Massen in die Kinos lockt, bei uns praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit läuft. In den ersten zwei Wochen, die bekanntlich für Verbleib eines Films in unseren Kinosälen entscheidend sind, haben in der Deutschschweiz ganze 1092 Personen diesen Film gesehen. (Aus dem Tessin, wo er bereits Ende November startete, kommen 976 Menschen hinzu.) Im Gegensatz dazu generierte im letzten Jahr ein anderer italienischer und durchaus politischer Film, «C‘è ancora domani» von Paola Cortellesi, mit über 106 000 Zuschauerinnen einen Grosserfolg.

Das Rätsel erklärt sich zum Teil, wenn man sieht, dass die meisten Printblätter der Schweiz einen grossen Bogen um diesen Film machen. Auch filmische Fachzeitschriften enttäuschen mit sehr unbedarften und fehlerhaften Kurzbesprechungen. Und selbst die linke WOZ begnügt sich mit einem Mini-Bericht.

Wohl fast noch wichtiger: In der Schweiz leben mehr als 342 000 Italienerinnen und Italiener. Viele von ihnen sind in den Gewerkschaften organisiert. Zudem gibt es zahllose italienische Vereine und Organisationen. Das Potenzial dieses Films wäre hier riesig. Aber klar, jemand müsste ihnen davon erzählen. Wer alles hat hier eine grosse Chance verschlafen?

Nanni Morettis Polemik und der Hype des jungen Publikums

In Italien entfachte der Filmemacher Nanni Moretti eine kleine Polemik, indem er behauptete: «Wenn Elio Germano und Andrea Segre 1973 zwanzig Jahre alt gewesen wären, hätten sie den «compromesso storico» gehasst.» Elio Germano reagierte gelassen: «Wir freuen uns, dass dieser Film Diskussionen auslösen kann. Der Film wurde mit dem grossen Ehrgeiz gemacht, die Gegenwart zu hinterfragen, uns selbst infrage zu stellen und das Leben, das wir führen, zu kritisieren. In diesem Sinne ist es ein ausserparlamentarischer Film.»

Dass der Film in erster Linie Menschen anspricht, die dank der Gnade der frühen Geburt den aktiven Berlinguer noch selber erlebt haben, ist logisch. Eine kleine, nicht repräsentative Umfrage in meinem weiteren Umfeld hat gezeigt, dass der Name Berlinguer bei Personen unter 58 Jahren kaum mehr bekannt ist. Auch für Marta Donzelli, eine der Produzentinnen des Films, war völlig klar, dass er vor allem bei der älteren Bevölkerung Italiens Anklang finden würde. Sie war deshalb selber sehr überrascht, dass der Schlüssel zur Popularität des Films das junge Publikum gewesen sei, das sich um den Film geschart und einen Hype um ihn erzeugt habe. Sie sagt: «Berlinguer steht für das, was es bedeutet, sein Leben der Verbesserung der Welt im Rahmen einer kollektiven Vision zu widmen.» Und das spreche junge Menschen offenbar sehr an.

Es bleibt die Chance, dass eine rege Mund-zu-Mund-Propaganda diesen hoch anschaulichen und bewegenden Film über eine visionäre Schlüsselfigur der italienischen und europäischen Geschichte und Politik noch für einige Zeit in den Schweizer Kinos halten kann.

Eine glänzende Biographie

Und sonst? Wärmstens empfehlen kann man allen Interessierten die glänzende Biographie «Der eigenartige Genosse Enrico Berlinguer» der renommierten italienischen Journalistin Chiara Valentini, die 2022 zum 100. Geburtstag des legendären Kommunistenführers auch auf Deutsch erschienen ist. Sie umreisst kenntnisreich und gut lesbar die wichtigen Etappen und Kontexte dieses ungewöhnlichen Lebenslaufs.

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Berlinguer verfügte über die Fähigkeit, Organisationen aus der ihrer Mitte heraus zu verändern. (Bild: cineworx )

Berlinguer erinnert sich selber in einer seiner wenigen autobiographischen Aufzeichnungen intensiv «an ein Gefühl der Rebellion», das ihn als jungen Menschen erfüllt habe: «Ich protestierte gegen alles: die Religion, den faschistischen Staat, die Schlagwörter und gesellschaftlichen Gewohnheiten.» Er beteiligt sich 1944 als Aktivist an den sogenannten Brotaufständen auf Sardinien, wird verhaftet und gelangt für 100 Tage ins Gefängnis.

In unseren heutigen Zeiten, wo «moralische Orientierung» in bestimmten Kreisen bereits zu einem Schimpfwort mutiert ist, fällt besonders auf, wie konsequent Berlinguer seine ganze Politik ständig nach ethischen Prinzipien ausgerichtet und hinterfragt hat. Auch deshalb hat er den imperialistischen Sowjetkommunismus bereits ab den Fünfzigerjahren scharf kritisiert, beim Ungarn-Aufstand, bei der Niederschlagung des Prager Frühlings, beim Krieg gegen Afghanistan, bei der Unterdrückung des dissidenten Friedensnobelpreisträgers Andrej Sacharow. An der Konferenz aller kommunistischen Parteien sagt er 1969 in Moskau vor 6000 Delegierten aus aller Welt, es dürfe nicht nur das sowjetische Modell für eine sozialistische Gesellschaft geben, der italienische Weg zum Sozialismus führe über Demokratie und Pluralismus.

Drei Jahre später will ein gewisser Michail Gorbatschow, damals noch der kleine Parteichef einer Provinz im Nordkaukasus, bei seinem ersten Italien-Aufenthalt unbedingt Berlinguer persönlich treffen. Gorbatschow erklärt auch, warum: «Weil er mich auf menschliche Weise mit seinem Mut, den er 1969 in Moskau bewiesen hat, sehr beeindruckt hat. In seiner Rede hat er Dinge gesagt, die bis dahin niemals öffentlich zu hören waren.» Zum Schluss des Films sieht man Gorbatschow auch in den Dokumentaraufnahmen zum überwältigenden Begräbnis, neben Federico Fellini, Marcello Mastroiani, Monica Vitti und vielen anderen.

Eine transformative Persönlichkeit

Die Affinität von Gorbatschow ist alles andere als zufällig. Gorbatschow und Berlinguer sind beides transformative Persönlichkeiten, also Menschen, die in stark geschlossenen Systemen heranwachsen, die aber die Fähigkeit entwickeln, Organisationen aus ihrer Mitte heraus in einem bestimmten historischen Moment innert relativ weniger Jahre grundsätzlich zu verändern. Das braucht unter anderem moralische Integrität, visionäre Kraft, innere Freiheit und Mut, Selbstreflexivität und die Fähigkeit, starke Polaritäten im Denken und Handeln auszuhalten und zu integrieren.

Vielleicht ist die letzte der genannten Voraussetzungen die schwierigste. Berlinguer lebt sie privat in der Ehe mit seiner gläubigen, nichtkommunistischen Frau. Und er lebt sie politisch und öffentlich, indem er auf seine Gegner zugeht, ihnen zuhört und sich höflich und lernfähig zeigt. Er tritt für die Öffnung der Politik in Richtung der Kultur und der neuen sozialen Bewegungen ein. Es gibt wohl ganz wenige Politiker, die auch von ihren erklärten Gegnern so geschätzt und respektiert wurden wie Berlinguer.

Der «compromesso storico» war genau ein solch transformatives Projekt. Auch wenn es gescheitert ist, bleibt die Persönlichkeit Enrico Berlinguers eine Inspiration. Und dieser wichtige Film erinnert bewegt und bewegend an diesen aussergewöhnlichen Menschen.

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Chiara Valentini: Der eigenartige Genosse Berlinguer. Kommunist und Demokrat im Nachkriegseuropa. 480 Seiten. Dietz-Verlag, Bonn 2022. (Bild: zvg)

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